Hintergrund
Der Golferellenbogen, auch als mediale Epicondylopathie bezeichnet, ist eine Erkrankung, die durch Schmerzen an der Ellenbogeninnenseite, insbesondere in der Nähe des medialen Epikondylus des Humerus, gekennzeichnet ist. Diese Beschwerden werden häufig durch Tätigkeiten ausgelöst, die mit Greifen, Drehen, Heben und ähnlichen Bewegungen verbunden sind.
Früher wurde die Erkrankung in der Orthopädie und Physiotherapie als „mediale Epicondylitis“ bezeichnet – ein Begriff, der auf eine Entzündung der Sehnen im Bereich des Ellenbogens hindeutet. In jüngster Zeit hat sich aber v.a. in der internationalen Physiotherapie die Bezeichnung „mediale Tendinopathie des Ellenbogens“ durchgesetzt. Diese Änderung der Terminologie spiegelt ein tieferes Verständnis der Erkrankung wider, da man erkannt hat, dass es sich nicht nur um eine Entzündung handelt, sondern auch um degenerative Veränderungen der Sehne.
Die dem Golferellenbogen zugrunde liegende Ursache kann als Missverhältnis zwischen der Belastung des Ellbogens und seiner Fähigkeit, diese Belastung zu bewältigen, betrachtet werden. Vereinfacht ausgedrückt, übersteigt die Beanspruchung des Ellenbogens seine Belastbarkeit, was zu Schmerzen und Funktionsstörungen führt.
Diagnostische Untersuchungsverfahren aus der Orthopädie, wie z. B. MRT-Untersuchungen, zeigen oft unterschiedliche Grade der Sehnenpathologie. Allerdings korreliert der Schweregrad der Befunde bei diesen Untersuchungen nicht immer mit der Intensität der Symptome. Manche haben erhebliche Sehnenveränderungen, aber nur minimale Symptome, während andere nur geringfügige Veränderungen haben, aber unter starken Schmerzen leiden.
Das Hauptziel bei der physiotherapeutischen Behandlung des Golferellenbogens besteht darin, die Kapazität des Ellenbogens und des umliegenden Gewebes zu verbessern. Auf diese Weise können diese Strukturen Belastungen und Beanspruchungen besser bewältigen, was zu einer Verringerung der Schmerzen und einer Verbesserung der Funktion führt. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen die Aktivitäten, die den Zustand verschlimmern, reduziert oder modifiziert und gezielte Übungen zur Stärkung und Rehabilitation des betroffenen Bereichs durchgeführt werden.
Epidemiologie
Die mediale Epicondylopathie betrifft nicht nur Golfer, sondern auch Sportler, die ihr Handgelenk und Ellenbogen regelmäßig beanspruchen (z. B. Rudern oder Tennis). Die Prävalenz der medialen Epicondylopathie ist 5-10 mal niedriger als die der lateralen Epicondylopathie („Tennisellenbogen“). 90 % der Golferellenbogen haben jedoch nichts mit Sport zu tun, sondern treten aufgrund arbeitsbedingter Tätigkeiten auf. Zu diesen Tätigkeiten gehören die extreme Beugung oder Streckung des Ellenbogens, sich wiederholende Bewegungen und das Arbeiten mit schweren Gegenständen oder vibrierenden Gerätschaften über längere Zeiträume. Die mediale Epicondylopathie wird auch mit stark belastenden Tätigkeiten und ungünstigen Körperhaltungen in Verbindung gebracht und kann durch ein einzelnes traumatisches Ereignis ausgelöst werden. Repetitive Arbeit allein ist keine direkte Ursache, d.h. eine starke Belastung kann ein höheres Risiko darstellen als repetitive Tätigkeiten für sich allein.
Der mediale Epikondylus des Ellenbogens dient als Ansatz für die gemeinsame Flexorensehne, die aus insgesamt fünf Muskeln besteht. Die wiederholte Pronation des Unterarms und die Flexion des Handgelenks können zu Beschwerden führen, die die gemeinsame Beugesehne betreffen. Früher nahm man an, dass es sich bei der medialen Epicondylopathie in erster Linie um eine entzündliche Erkrankung handelt, heute geht man davon aus, dass sie mit degenerativen Veränderungen wie angiofibroblastischer Hyperplasie einhergeht, die durch Mikronarben, Gewebedegeneration und abnorme Gewebereparaturen gekennzeichnet ist und zu einer Sehnenschwäche und Anfälligkeit für weitere Verletzungen führt.
Die mediale Epicondylopathie kann den Alltag erheblich beeinträchtigen. Die Hauptsymptome mit denen sich Patienten in der Orthopädie oder Physiotherapie vorstellen, sind Schmerzen und eine Druckempfindlichkeit an der Innenseite des Ellenbogens, am Muskel-Sehnen-Übergang oder am Ansatz der Handgelenkflexoren. Die Schmerzen können plötzlich oder schleichend auftreten, intermittierend oder persistierend sein und in den Unterarm ausstrahlen. Sie nehmen typischerweise bei Aktivitäten des Unterarms zu und können in der akuten Phase auch im Ruhezustand auftreten. Zu den Symptomen gehören auch Gelenksteifigkeit, eine Schwäche der Hand und des Handgelenks und manchmal Taubheitsgefühl oder Kribbeln in den Fingern, (insbesondere wenn auch eine ulnare Neuropathie vorliegt). Die Symptome werden oft durch Tätigkeiten ausgelöst, bei denen der Ellenbogen oder das Handgelenk gebeugt werden. Der Bewegungsumfang des Ellenbogens ist anfangs normal, kann aber in chronischen Fällen auch eingeschränkt sein. Obwohl bei der medialen Epicondylopathie meist der dominante Arm betroffen ist, weisen Studien darauf hin, dass die betroffene Seite nicht unbedingt mit der Händigkeit einer Person zusammenhängt.
Differentialdiagnosen in der Orthopädie
Für die Diagnose einer medialen Epicondylopathie sind die körperliche Untersuchung und die Anamnese von entscheidender Bedeutung. Als orthopädische Differentialdiagnosen für Beschwerden am innenseitigen Ellenbogen sollten folgende Pathologien ausgeschlossen werden:
Kubitaltunnelsyndrom
Hierbei handelt es sich um eine häufige Kompressionsneuropathie, bei der der N. ulnaris hinter dem medialen Epikondylus bedrängt wird, was Schmerzen, Gefühlsverlust, Taubheit, Kribbeln und Schwäche verursacht.
Verletzung des ulnaren Kollateralbandes
Diese Verletzung, die häufig bei Überkopfwurfsportlern auftritt, führt zu einer Instabilität des medialen Ellenbogens.
Zervikale Radikulopathie
Eine Funktionsstörung einer zervikalen Nervenwurzel, die sich häufig als Nacken- und Armbeschwerden, Kribbeln, Taubheitsgefühl oder Gefühlsverlust äußert.
Ganglion
Diese gutartigen Weichteilschwellungen entstehen aus der ulnohumeralen Gelenkkapsel und können eine Epicondylopathie oder ein Kubitaltunnelsyndrom vortäuschen.
Prinzipien der trainingsbasierten Physiotherapie des Golferellenbogens
Für Betroffene gibt es mehrere nicht-operative Behandlungsstrategien, die zur Linderung der Schmerzen und zur Verbesserung der Ellbogenfunktion eingesetzt werden können. Dazu gehört (im Akutzustand) in erster Linie eine Anpassung der Aktivitäten im Sinne eines „Schmerzmanagements“. Dabei ist eine vollständige Ruhigstellung des Ellenbogens in der Regel nicht notwendig, es geht vielmehr darum eine optimale Stimulation des Sehnenkomplexes, angepasst an die aktuelle Reaktivität, durchzuführen.
Die Physiotherapie spielt eine zentrale Rolle in der nicht-operativen Therapie der medialen Epicondylopathie. Der Schwerpunkt liegt auf Trainingsvarianten, die eine Verbesserung der Kapazität des Muskel-Sehnen-Komplexes fördern.
Prinzipien der trainingsbasierten Physiotherapie des Golferellenbogens
Ein physiotherapeutischer, trainingsbasierter Therapieansatz für den Golferellenbogen besteht im Wesentlichen darin, die Problematik zu verstehen, sich auf die Funktion zu konzentrieren, Kapazitäten aufzubauen und gezielte Übungen konsequent umzusetzen, während gleichzeitig die Fortschritte überwacht und notwendige Anpassungen vorgenommen werden.
Verstehen des Beschwerdebildes
Heutzutage erkennt man in der Orthopädie und Physiotherapie an, dass es sich beim Golferellenbogen oder der medialen Epicondylopathie nicht nur um eine Entzündung, sondern auch um degenerative Veränderungen der Sehnen handelt. Die Schmerzen treten auf, wenn die Belastung des Ellenbogens seine Kapazität übersteigt.
Funktion vor Diagnose
Der funktionelle Aspekt der Erkrankung sollte im Vordergrund stehen und nicht nur die Diagnose. Das Hauptaugenmerk sollte darauf liegen, wie gut der Ellenbogen funktioniert – kann der Patient den Arm anheben, Sport treiben oder arbeiten, ohne dass er Beschwerden hat?
Progressiver Aufbau der Belastbarkeit
Ziel ist es, die Kapazität des Ellenbogens und des umliegenden Gewebes progressiv zu steigern. Auf diese Weise kann das Gewebe mehr Belastung und Beanspruchung aushalten, wodurch die Wahrscheinlichkeit von Schmerzen und Funktionsstörungen sinkt.
Schmerzmanagement
Die physiotherapeutischen Übungen müssen nicht unbedingt völlig schmerzfrei sein. Es ist wichtig, die Schmerzen während der Übungen auf einem erträglichen Niveau zu halten, um sicherzustellen, dass die Symptome am nächsten Tag nicht zunehmen und eine allmähliche Verbesserung über Wochen bis Monate zu gewährleisten.
Modifikation der Aktivitäten
Setzen Sie andere Aktivitäten und Sportarten fort, aber mit Modifikationen, um die Belastung des Ellbogens zu verringern. So kann beispielsweise die Verwendung von Zughilfen für das Kreuzheben oder Rudern die Anforderungen an das Greifen verringern. Auch eine andere Griffweise bei Klimmzügen oder die Verwendung von Kurzhanteln anstelle von Langhanteln kann von Vorteil sein.
Gezielte Übungen
Führen Sie physiotherapeutische Übungen durch, die speziell auf den Ellbogen und das umliegende Gewebe abzielen. Diese Übungen sollten innerhalb einer bestimmten Schmerzgrenze liegen und darauf abzielen, den betroffenen Bereich zu stärken, die Beweglichkeit zu verbessern und die Gesamtfunktion zu steigern.
Konsistenz
Führen Sie die empfohlenen physiotherapeutischen Übungen regelmäßig durch und achten Sie darauf, dass sie innerhalb einer erträglichen Schmerzgrenze bleiben. Konsequenz ist der Schlüssel zu langfristigen Verbesserungen.
Überwachen und anpassen
Beurteilen Sie regelmäßig die Fortschritte und passen Sie die physiotherapeutischen Übungen an das individuelle Empfinden und den Fortschritt an. Wenn bestimmte Aktivitäten den Zustand verschlimmern, sollten Sie diese reduzieren oder modifizieren.
Holistischer Ansatz
Auch wenn das Hauptaugenmerk auf dem Ellbogen liegt, ist es wichtig, die gesamte kinetische Kette zu berücksichtigen, einschließlich der Schulter und des Thorax. Die Einbeziehung von physiotherapeutischen Trainingsvarianten, die auf diese Bereiche abzielen, kann einen erheblichen Mehrwert haben.
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